Der „intelligente“ Kurs des Dauersparens…
Jetzt weiß man, dass Dauersparen die Wirtschaftsleistung deutlich stärker beschädigt, als Volkswirte bislang geglaubt haben. Dass Europas Sparpolitik die Probleme, die sie lösen sollte, verschärft hat und dass der Austeritätskurs exzessiv und kontraproduktiv ist.
Der von der EZB und anderen hierzulande vertretene These, Sparpolitik könne auch kurzfristig expansive Effekte haben, weil sie das Vertrauen in der Privatwirtschaft stärke, werden, selbst von den IWF-Volkswirten gravierende methodische Mängel attestiert. Man sei sogar zu dem Schluss gekommen, dass zu harte Haushaltskonsolidierung die Rezession verlängern kann, ohne die erwarteten Einsparungen bei den Staatsfinanzen zu bringen. Es drohe ein Teufelskreis aus sinkender Wirtschaftsleistung, schrumpfenden Steuereinnahmen und niedrigeren Staatsausgaben!
Griechenland zum Beispiel hat unter dem Druck der Troika zwischen 2009 und 2012 sein um Konjunktureinflüsse bereinigtes Haushaltsdefizit um mehr als 14 Prozent des BIP reduziert – eine Konsolidierungsanstrengung, die historisch ihresgleichen sucht. Zugleich ist aber die Wirtschaft implodiert. Griechenland steuert auf eine Depression zu – so extrem wie 1930er Jahren in Deutschland oder den USA. Und welche Gefahren der Versuch, mit dem Sparwahn die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, mit sich bringt, kann ein historischer Vergleich zu den Weimarer Verhältnissen aufzeigen. Schade, dass man so wenig daraus gelernt hat.
Kann es wirklich sein, dass all diese hochbezahlten und hochstudierten Leute sich jetzt fragen, wie sinnvoll diese Strategie ist – und ob sie überhaupt als solche zu bezeichnen ist. Oder, wir sind im falschen Film…
Mit dem Sparpaket im Februar wurde der Mindestlohn von 751 auf 586 Euro gesenkt. Auch das Arbeitslosengeld wurde gekürzt, von 461,50 auf 322,34 Euro. Zugleich wurden die Lohnzuschüsse abgeschafft und die Löhne der Staatsbediensteten eingefroren. Lohnverhandlungen werden nicht mehr auf Branchen-, sondern auf Betriebsebene geführt. Renten wurden um rund ein Fünftel gekürzt.
Im Kampf gegen die überbordende Bürokratie wurde die Anwaltspflicht bei Hauskäufen abgeschafft. Auch die Anwaltsgebühren wurden gesenkt. Alle Rentenkassen wurden zwangsvereinigt, Kostenobergrenzen für Verwaltung und Personal eingeführt.
Schon 2010 wurden die Benzin-, Heizöl- und Alkoholsteuer um jeweils zehn Prozent angehoben. Auch eine Solidaritätsabgabe auf Einkommen wurde eingeführt; sie soll bis 2103 erhoben werden. Die Mehrwertsteuer wurde von 21 auf 23 Prozent heraufgesetzt. Auch das Renteneintrittsalter wurde angehoben, wobei es noch keine einheitliche Regelung für alle Berufe gibt.
Die Senkungen von Löhnen und Renten haben angesichts der schrumpfenden Wirtschaft die Spannungen in Athen und anderen griechischen Städten verschärft. Die Rechtsradikalen der Chrysi Avgi, haben bei den Wahlen 18 Sitze im Parlament errungen und sind laut Umfragen die drittstärkste Partei geworden. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums findet sich linksaußen die Syriza. Eine ähnliche Konstellation gab es im Deutschland der Weimarer Republik, als sich Nationalsozialisten und Kommunisten gegenüberstanden. Die Erfahrung der 1930er Jahre sollte uns lehren, dass die Konjunktur gefördert werden muss – oder meint man wirklich, dass es einen selber nicht betrifft…